Avispa Fukuoka

Wie ein begossener Pudel stand Avispa-Coach Dimitry Utschkov im Dauerregen an der Seitenlinie da, nachdem sein Team soeben gegen den FC Tokyo aus dem Kaiserpokal ausgeschieden war. Das letzte Saisonziel platzte wie eine Seifenblase und das Gesicht des Übungsleiters sprach Bände. Am Abend folgte dann eine Pressekonferenz in der das letztlich Unvermeidliche durch den Vereinspräsidenten verkündet wurde: Am Ende der Spielzeit ist für den russischen Übungsleiter Feierabend in Fukuoka, man wird sich in "bestem gegenseitigem Einvernehmen" voneinder trennen. Utschkov selbst war für ein Statement nicht zu erreichen. Nach einigen Jahren in Japan gilt den starken Konkurrenten ein Dank für spannende und immer faire Auseinandersetzungen. Zudem muss an dieser Stelle ein großes Lob an Terrormopp gezollt werden, der durch stets pünktliche Auswertungen und eine lebhafte Begleitung des Geschäftsbetriebes einen absoluten Pluspunkt für ein Engagement in Japan darstellt. Vielen Dank dafür!

Nach Jahren des unablässigen Erfolgs und dem Gewinn von zwei Titeln in der J-League sowie dem Triumph in der AFC Champions League muss man sich bei Avispa Fukuoka wieder an kleinere Brötchen gewöhnen. So reißt der Nightliner des Vereins zwar weiterhin endlos Kilometer auf japanischen Autobahnen ab, aber stets im Wissen der Verantwortlichen, dass nunmehr die mageren Jahre angebrochen sind. Eine realistische Einschätzung, die selbstredend auch Coach Dimitry Utschkov teilt: "Fans gewesen sehr verwöhnt in letztes Spielzeit von große Erfolg. Können aber nicht immer geben Seezunge oder Filetsteak, manchmal kommen Zeit von Graupensuppe und Griesbrei." Immerhin hatte der Club nach dem internationalen Husarenstreich für den Vereinsbus einen nagelneuen Kühlschrank angeschafft. Für eine handvoll Yen kann man nun also bei Onkel Dimitry zum Freundschaftspreis weißrussisches Dosenbier ordern. So konnte man sich sogar die mageren Jahre gefallen lassen.

Unablässig rollt der Nightliner von Avispa Fukuoka über die japanischen Autobahnen, um pünktlich zum Anpfiff in den diversen Metropolen im Land der aufgehenden Sonne präsent zu sein. Auf der einen Seite ist dies für Coach Dimitry Utschkov natürlich sterbenslangweilig, andererseits braucht man während dieser Zeit auch kein Training durchzuführen. Im Bus flimmern permanent Begegnungen der kommenden Gegner über den Bildschirm, doch Utschkov schenkt ihnen keine Beachtung, sondern ist hinter einer dunklen Sonnenbrille längst tief eingeschlafen. Vermutlich findet die Analyse der nächsten Rivalen eher im Unterbewusstsein des russischen Übungsleiters statt, den auf den ewigen Reisen durch Japan eine Sache ganz besonders stört: "Bierpreise hier in Bus sein ein einziges Skandal. Busfahrer sein Halsabschneider und widerliches Kapitalist. Und dann immer grinsen grenzdebil, wenn die Onkel sich müssen kratzen zusammen letztes Yes aus Hosentasche zur Linderung von Durst. Sein eine schlechte Mensch!"

Zweiter Platz in der Liga, da sollte doch eitel Sonnenschein herrschen im tropischen Fukuoka. Doch das Präsidium von Avispa zeigte sich äußerst enttäuscht von den Leistungen des Clubs im Pokal: "Leider hat es die Mannschaft im Emperor's Cup nicht geschafft, ihr Potenzial optimal auszuschöpfen." Was wie ein freundlicher Euphemismus wirkt, klingt für japanische Ohren schon fast wie eine Abmahnung oder zumindest wie eine eindringliche Warnung. Und der Adressat der Botschaft ist natürlich kein Geringerer als Übungsleiter Dimitry Utschkov, dessen Lebensstil und pöbelhaftes Benehmen dem Verein ohnehin ein Dorn im Auge sind. Aber solange der Erfolg derartige Nebensächlichkeiten übertüncht, kann sich der russische Trainer seines Jobs relativ sicher sein. Sollte allerdings in der Liga ein Einbruch erfolgen, wird man bei Avispa sicherlich die Reißleine ziehen. Dann ist es vorbei mit "Big in Japan" und der "Jet Set" Society. Im Ernstfall gibt es nur noch "Afternoons in Utopia".

In Fukuoka darf man sich in dieser Saison schon frühzeitig sicher sein, dass man nicht mit unerfreulichen Mehrarbeiten belästigt wird. Denn im Emperor's Cup hat Coach Dimitry Utschkov dank einer großartigen Taktik frühzeitig die Weichen auf ein zeitnahes Ausscheiden gestellt. Sollen sich die neidischen Konkurrenten doch ab dem Viertelfinale um den Kaiserpokal kloppen, bei Avispa wird man stattdessen die Freizeit am Baggersee verbringen. Eingleisigkeit hat so ihre Vorteile, auch wenn man das im Präsidium des Vereins eventuell etwas anders sehen dürfte. Doch Onkel Dimitry sieht nur Vorzüge, wenn man sich im Club  ab jetzt auf den schnöden Ligabetrieb fokussieren kann. Schließlich ist es auch unter ökologischen Gründen nur vorteilhaft, wenn der Nightliner der Mannschaft eine Weile in der Garage geparkt bleibt. Vielleicht sollte sich Utschkov als Nachhaltigkeitsbeauftragter von Avispa bewerben? Das scheint jedenfalls ein Job mit Zukunft zu sein. Und es schadet bekanntlich nicht, in mancherlei Hinsicht mehrgleisig zu fahren.

Es war ein verregneter Tag in Fukuoka, wo die Temperaturen (28°C) und die hohe Luftfeuchtigkeit dafür sorgten, dass die Jogginghose aus Ballonseide schon nach wenigen Metern an den Beinen festklebte. Sehr unschön, dass ausgerechnet am freien Tag von Avispa-Trainer Dimitry Utschkov das Wetter nicht mitspielte und somit eine geplante Erkundungstour der Region buchstäblich ins Wasser fiel. In diesem Leben muss man ja bekanntlich flexibel sein und so entschied sich der Coach stattdessen dafür, in einem Getränkemarkt nach weißrussichem Dosenbier zu suchen. Aber natürlich hatten die Japaner die preiswerte Delikatesse nicht im Sortiment, so dass sich der Kunde am Ende für ein deutlich teureres Produkt aus heimischer Fertigung entscheiden musste. Wobei das mit dem Geld ohnehin so eine Sache war. Die Yen-Beträge konnte Utschkov noch immer nicht zielsicher in Euro umrechnen, und die vielen Nullen sorgten stets für große Unsicherheit beim russischen Bonvivant. Immerhin hat die Kreditkarte an der Kasse nicht gezuckt. Einem fabelhaften Wochenende stand nun also nichts mehr im Wege.

Der Nightliner von Avispa Fukuoka wirft schon wieder langsam den Motor an, denn am Wochenende stehen bereits die nächsten Begegnungen in der J-League auf dem Speiseplan. Wie der alte Sisyphos mit dem fetten, unhandlichen Stein und dem Berg fühlt sich Coach Dimitry Utschkov in der Knochenmühle Japan. Die Wochen fliegen in irrem Tempo vorbei und die Liga hetzt von Spieltag zu Spieltag. Immerhin gibt es aktuell Ruhe an der internationalen Front, so dass eine weitere Zusatzbelastung momentan ausbleibt. Aber auch so in der Ligabetrieb natürlich fordernd und anstregend genug, denn arrivierte Rivalen und listige Kontrahenten lauern hinter jedem Kirschbaum, um die Mannschaft von der Insel Kyushu von den Plätzen an der Sonne zu verscheuchen. Apropos Sonne: erstmals wurden in dieser Woche auf dem Trainingsplatz von Avispa die 30°C geknackt. Bei der hohen Luftfeuchtigkeit also kein Wunder, dass die Spieler deutlich länger als gewöhnlich benötigten, um die Medizinbälle im Laufschritt um den Sportplatz herumzutragen.

... nannte sich früher eine der Hobbyfussballmannschaften in der Wilden Liga in Bielefeld. Humoristisch natürlich längst nicht die gleiche Spielklasse wie "Mein Freund ist aus Leder" oder "Mensch ist der United", aber was will man machen. Mario Barth hätte sich vermutlich beömmelt. Vermutlich hat er sogar feixend bei der Truppe mitgespielt. Was diese Kolumne aber eigentlich sagen möchte: ein bisschen fühlt sich die neue Spielzeit schon wieder nach Sadomaso an, denn die Wochen verrinnen, und die sportliche Leistung fordert urerbittlich die Zugabgabe ein. Wie soll man sich da auf Land und Leute fokussieren, wenn permanent Druck auf die armen Übungsleiter ausgeübt wird? Und so treffen wir in Fukuoka einen geschafften Dimitry Utschkov an, der sich schwitzend von seinem Bonanzarad schwingt. Denn dummerweise war es in der Region nicht so wirklich eben und die technisch und klimatisch anspruchsvolle Anreise zum Trainingsgelände forderte ihren Tribut. Blieb nur die Hoffnung, dass sich im Vorratsraum noch eine zünftige Kiste Kirin Bier vorfinden würde.

... schreibt Wikipedia in der Rubrik Klima über die Präfektur Fukuoka. Kein Wunder also, dass die Vegatation üppig und die Insekten groß und saftig waren. Ein bisschen unangenehm war es allerdings schon, wenn sich ab der zweiten Hälfte im Mai eine drückende Schwüle auf dem russischen Organismus breitmacht. Dabei ist der Begriff Lebewesen mit Blick auf Avispa-Coach Dimitry Utschkov bekanntlich ein recht dehnbarer Begriff. Auf der anderen Seite kann der Expatriat zumindest einen lebhaften Stoffwechsel vorweisen, zumindest wenn es um den Konsum von einheimischen Bier und weißrussischen Austauschstudentinnen geht. Letztere sind auf der Insel Kyushu bedauerlicherweise übrigens relativ rar gesät und deshalb besonders lieb und teuer. So ist das halt, wenn sich Angebot und Nachfrage in der Kurve relativ weit oben treffen, dort wo die Preise schon hart an der Unverschämtheitsgrenze anschlagen. Aber egal, wenn die Temperaturen steigen, war der Durst ohnehin das am Dringendsten zu lösende Problem.

Und da geht sie schon wieder los, die erbarmunglose J-League. Nur kurz hat man bei Avispa Fukuoka mit einem kleinen Sake die Meisterschaft feiern können, da dröhnt schon wieder das Martinshorn des Nightliners, um auf die in Kürze bevorstehende nächste Abfahrt hinzuweisen. Dabei hatte sich Coach Dimitry Utschkov auf einen schönen Heimaturlaub mit Bortschsch und Selbstgebranntem von Tante Svetlana gefreut. Aber der Vertrag mit Avispa wurde nach dem Titelgewinn vom windigen Präsidium flugs um zwei weitere Spielzeiten verlängert. Und so darf Onkel Dimitry sich auch in Zukunft über sehr große Insekten und Spinnen wundern, die das subtropische Fukuoka und seine Umgebung bevölkern. Was für viele Mitteleuropäer ein schauriger Gedanke ist, macht dem Übungsleiter der Heimmannschaft nicht viel aus. Wo bekommt man schon einen leckeren kleinen Snack, nur wenn man ins nächstbeste Gebüsch greift?

... war bekanntlich einer der größten Evergreens des kürzlich viel zu früh verstorbenen Entertainers Toni Marshall. Ein wunderbares Sinnbild der Ungerechtigkeit, denn später hat sich mit demselben temperierten Schlager ein ambitionierter US-Amerikaner auf die Berliner Mauer gestellt und sie nur durch seinen Gesang zum Einsturz gebracht. Und Ungerechtigkeit zieht sich bekanntlich wie ein Roter Faden durch das Leben von Coach Dimitry Utschkov, denn anscheinend hat sich das Präsidium von Avispa Fukuoka dazu entschieden, den am Ende der Saison auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern. Die Gerüchteküche brodelt jedenfalls im Club, eine offizielle Stellungnahme des Vereins war nicht zu erhalten. Und Onkel Dimitry lässt sich weiterhin mit dem Nightliner durch die verregneten Nächte Nippons kutschieren. Small in Japan.

Da hat man sich also prompt aus dem Emperor's Cup verabschiedet. Für Avispa Fukuoka und Coach Dimitry Utschkov endet das Abenteuer Pokal kurz und schmerzlos bei den gierigen Rivalen von Kataller Toyama. So bleibt nun noch der Ligabetrieb, mit dem man mit dem Nightliner von Großstadt zu Großstadt verfrachtet wird. Laut dem Chronisten der Liga hat Avispa am Wochenende eine Sternstunde erlebt, Onkel Dimitry aber nach Konsum einer dreiviertelvollen Flasche Sake ebenfalls die Sterne gesehen. Wie gut, dass diese modernen Busse doch eine Toilette mit sich führen. Wie blöd, dass man aber immer den Schlüssel für das Klo vorne beim Fahrer abholen muss. Das kann schon einmal zu größeren Konflikten führen. Ach, über den Pokal wollte sich der Übungsleiter aus Fukuoka noch mokieren, nicht wahr? "Nein. Pokal sein egal, aber jetzt bitten machen frei bisschen zackig frei die Weg nach stilles Örtchen."

Im Schweinsgalopp ist sie dahingegangen, die Hinrunde in der japanischen J-League. für Avispa Fukuoka und Coach Dimitry Utschkov besteht aber trotzdem kaum eine Gelegenheit, um innezuhalten und einmal in Ruhe durchzupusten. So unentspannt hatte man sich Nippon nun wirklich nicht vorgestellt. Im Prinzip verbringen Spieler, Trainer und Funktionäre mehr Zeit im Reisebus als auf den Trainingsplätzen. Auf diese Weise konnte Onkel Dimitry immerhin seine teure Mietwohnung kündigen, denn Schlafen und Duschen ist schließlich auch im Nightliner von Avispa möglich. Und so sieht man aus dem Fenster heraus stets irgendwelche anonymen Autobahnen, die an den müden Augen des russischen Übungsleiters vorbeischwinden. Ein Leben wie im Hamsterrad, zwischen Stadion, Raststätten und Reihe 17 im Reisebus. So konnte man immerhin zur Auflockerung die Flügelspieler in Reise 15 mit Papierkügelchen bewerfen.

Nicht nur für Paul Hardcastle war es die bezeichnende Zahl. Denn schließlich war das Durchschnittsalter der in Vietnam gefallenen US-Soldaten nur 19 Jahre. In den 80ern konnte man mit dieser Botschaft sogar die Hitparaden und die Tanzflächen erobern, es war halt eine andere Zeit. Heute kann man die 19 mit friedlicheren Sachverhalten in Verbindung bringen. Denn schließlich gilt es, noch bis 19:00 Uhr einen leidlich unterhaltsamen Text zu verfassen, um ein wenig zusätzlichen TK-Bonus zu erhaschen. So müssen sich Avispa Fukuoka und Coach Dimitry Utschkov nun also beeilen. Doch mit Blick auf den Radiowecker scheint es noch nicht zu spät, um eine kleine Botschaft in den Orkus zu versenden: "Scheiß Kaiserslautern, wir singen scheiß Kaiserslautern! Scheiß Kaiserslaaaaaaautern, wir singen scheiß Kaiserslaaaaaautern!" Manchmal wünscht man sich, es wäre doch schon 19:00 Uhr gewesen.

Sonntag, Donnerstag, Sonntag, Donnerstag... da lachen die Japaner nur müde über die Engländer mit ihren eng getakteten Spielplänen. Aber gut, man hatte sich in Nippon natürlich euch eine epische Winterpause mit ganz viel Ruhe und Muße gegönnt. Da verwundert es dann auch nicht, dass das Pendel mit brachialer Gewalt zurückschlägt und die Teams aus der J-League mehr Zeit im Shinkanzen verbringen als auf dem eigenen Trainigsgelände. Das gilt selbstverständlich ebenfalls für Avispa Fukuoka, wo Übungsleiter Dimitry Utschkov das Trainingspensum heruntergefahren hat. Zumindest sein eigenes, sofern das überhaupt noch möglich gewesen ist. Jedenfalls sucht man sein Bonanzarad mit Fuchsschwanz derzeit meist vergeblich am Vereinsgelände von Avispa. Angeblich soll ihn das Studium der nächsten Gegner stark beanspruchen, böse Zungen gehen hingegen von gepflegtem Ausschlafen nach nächtlichem Kneipenbesuch aus. Vermutlich liegt die Wahrheit einmal mehr in der Mitte.

Die J-League schreitet unaufhaltsam voran und man meint, im Hintergrund unablässig die Titelmusik von Dalli Dalli zu hören. Während Avispa-Coach Dimitry Utschkov also versucht, permanent Bälle über eine Rutsche in ein Wasserbad zu schießen (bevor die Uhrzeit abläuft), fangen andere schon mit dem Rechnen an. Wieviele Punkte sind das in Schilling, Christian J. Neureuther? Warum war der Saisonstart in Fukuoka nicht ganz so spitze? Und wo war eigentlich Hans Rosenthal? Irgendwie hatte man bei der hohen Geschwindigkeit einen Drehwurm bekommen und wusste nicht mehr so recht, wo man sich eigentlich befand. Dabei hatte sich Onkel Dimitry doch Japan zur perfekten Entschleunigung als Arbeitsort ausgesucht. Hätte er diesen Stress antizipiert, wäre Plan B mit der Currywurstbude am Goldstrand in Bulgarien vielleicht doch die etwas bessere Option gewesen

Hart war der Winter in Japan und ziemlich lang die Pause in der J-League. Nichts zu sehen von der bevorstehenden prächtigen Kirschblüte, stattdessen bedeckte eine dünne Schneeschicht die Landschaft und ein eisiger Wind fegte über den Inselstaat. Allerdings nicht in Fukuoka, wo das Klima fast subtropisch ist und Insekten und Spinnen deutlich größer ausfallen als auf den drei nördlich gelegenen Hauptinseln. Das war praktisch für einen Pragmatiker wie Avispa-Coach Dimitry Utschkov, da man für einen kleinen Happen einfach nur mal unter einen Baumstamm schauen musste, um sich einen kleinen Proteinkick zu verschaffen. Und diesen Kick an Energie würde man in den nächsten Wochen sicherlich benötigen, wenn wieder unbarmherzige Rivalen auf das Team mit dem eingenartig spanischen Namen warten. Gelingt es in dieser Saison also dem russischen Lebemann Utschkov, die kalten Herzen der Japaner zu erwärmen? Wenn man eine ehrliche Analyse vornimmt, ist damit nun wirklich beim besten Willen nicht zu rechnen. Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich ganz am Schluss.

Tja, da irrte wohl der Nebelkerzenzünder aus Toyama. Avispa Fukuoka wird nichts mit dem Meisterschaftskampf zu tun haben, wofür ein Blick auf das Restprogramm vor ZAT 11 dem kundigen Chronisten eigentlich genügt hätte. Dort musste Trainer Dimitry Utschkov letztlich alles oder nichts gehen und wurde von der cleveren Konkurrenz ausgeguckt. Insgesamt hat die späte Neuverpflichtung beim Tabellenletzten die ursprünglichen Planungen bei Avispa ziemlich durcheinandergeworfen, weshalb man mit der späten Saisonphase auch nicht sonderlich glücklich ist. Einzig Assistenzcoach Willi von Ügli und Tschunka-Tschunka reibt sich innerlich die Hände, denn seine Stunde im Verein scheint möglicherweise gekommen zu sein. Zum Ende der Saison gebührt dem organisierenden Burgerfreund traditionell der große Dank der Trainergilde. Einmal mehr gilt es eine perfekt organisierte Spielzeit und pünktlich Auswertungen zu loben. Besser kann man es nicht machen.

"Breathe deaply... and relax... you're just letting go..." hörte man die sonore Stimme von Co-Trainer Willi von Ügli und Tschunka-Tschunka seine modernen Entspannungsübungen mit dem Team von Avispa Fukuoka durchführen. Der Psychologe aus der Schweiz möchte meditativ tief in das Innere der Seele der Spieler vordringen, während sich Chefcoach Dimitry Utschkov bekanntlich eher damit beschäftigt, wie japanische Wasserstrahle auf der Toilette im Trainingszentrum tiefer als gewünscht in das Innere vorstoßen. Und überdies interessieren ihn seine Kicker natürlich nicht im Geringsten. Irritiert schaute der Russe also dem Trainingsprogramm seines Adjutanten zu. Dass die Schweizer bekloppt waren, stellte für Onkel Dimitry keine Neuigkeit dar, aber ob dieses Volk der Naturburschen, Investmentbanker und Workoholics tatsächlich etwas von Enstspannung verstand? Das war doch die Kernkompetenz des Übungsleiters, der sich schnell eine Flasche Sake aus dem Vorzimmer der Präsidenten von Avispa stibitzte, um nun einen fast genauso entspannten Nachmittag zu verbringen wie seine Mannschaft.

Es war schon ein Kreuz mit den japanischen Toiletten. Natürlich mag man sich auch als Ausländer erfreuen an beheizten Toilettensitzen, Massagen, der konsequenten Berieselung mit Fahrstuhlmusik oder sonstigen technischen Gimmicks. Wenn man allerdings auf den falschen Knopf drückt und als Konsequenz ein tosender Wasserstrahl mit unbändiger Wucht die delikate Poritze malträtiert, dann wünscht man sich auf das Plumpsklo von Tante Swetlana in Sibirien zurück. Denn was sind schon der beißende Gestank oder die Myriaden an Mücken und Fliegen im Vergleich zu einem ohne Vorwarnung gefluteten Hinterteil? Für Avispa-Coach Dimitry Utschkov ein offensichtliches Ärgernis, dem man nur mit europäischer Ignoranz beikommen konnte. In Zukunft würde sich Onkel Dimitry für sämtliche Geschäfte nur noch an die Hängepissoirs wenden. In diesem epischen Kampf der Kulturen hatte Japan es augenscheinlich nicht anders gewollt.

Unruhige Zeiten bei Avispa Fukuoka. Mit einem abwesenden Co-Trainer Willi von Ügli und Tschunka-Tschunka und einem anwesenden Übungsleiter Dimitry Utschkow setzte es am Montag die erste Heimniederlage der Saison. Und dabei war es keine unglückliche Pleite, sondern eine krachende 1:5-Klatsche gegen Kawasaki Frontale. Quasi ein Frontalzusammenprall, der Onkel Dimitry massiv die Laune verhagelte: "Coach von Motorradgang sein windiges Geselle und noch zwielichtigeres Gestalt als komplettes Bekanntenkreis von Tim Wiese." Wie dem auch sei, der freundlich-japanische sanfte Druck auf den Coach nimmt mehr und mehr zu, eine Ablösung des irrlichternden Russen zum Saisonende immer wahrscheinlicher. Dafür spricht auch die Aussage seines Assisenten bei einer Lokalzeitung, dass er sich in Zukunft durchaus vorstellen könnte, selbst einmal einen Erstligaclub zu trainieren. Was für eine durchtriebene Person man hier jetzt noch mit durchfüttern musste. Es war eigentlich ein handfester Skandal!

Das hatte sich Avispa-Coach Dimitry Utschkov ein wenig anders vorgestellt. Eine fulminante Rückkehr auf die Trainerbank sollte es werden, nachdem in Abwesenheit des eigentlichen Übungsleiters der Assistenzcoach Willi von Ügli und Tschunka-Tschunka überzeugt hatte. Doch als der Schweizer wieder ins zweite Glied rückte und Onkel Dimitry das Zepter übernahm, ging es in der Tabelle gleich wieder bergab. Indiskutable Auswärtsauftritte sorgen nun für große Fragezeichen im Präsidium von Avispa Fukuoka, zumal eine brauchbare Alternative für den sperrigen Russen leicht verfügbar wäre. Eine komplizierte Situation für Utschkov, der seinem Co-Trainer aber als Dank für seinen Einsatz einige Tage frei gegeben hat. Dies war natürlich eine vergiftete Maßnahme des russischen Misanthropen. Denn eigentlich wollte er nur wieder die Möglichkeit erhaschen, sich in den Vordergrund zu mogeln wie einst Bernd Stromberg. Immerhin hatte er seinem Angestellten aus dem Berner Oberland für einen Ausflug sogar einen Tauchgang spendiert. Man möchte dem Schweizer Psychologen empfehlen, ein besonderes Augenmerk auf die Funktionsfähigkeit der Sauerstoffflasche zu richten.

Deutet sich etwa ein Machtwechsel auf der Trainerbank von Avispa Fukuoka an? Schon etwas merkwürdig euphorisch klangen die seltenen Lobeshymnen von Präsident Muriyo Kawagashi im Nachgang zum 5:2-Sieg gegen Kataller Toyama, während der eigentliche Übungsleiter Dimitry Utschkov daheim eine Fußverletzung auskurieren musste. "Gewesen bestes Saisonleistung von Avsipa. Präsidium sprechen aus an Assistenzcoach Willi von Ügli und Tschunka-Tschunka großes Dank für die exzellente Vorbereitung und großartige Leistung. Mögen die Orchideen noch lange blühen für geniales Taktiker aus der Schweiz." Nicht ganz so überschäumend zeigte sich Onkel Dimitry im Telefonat mit dieser Zeitung: "Habe gesehen viel Licht, aber auch vieles Schatten. Darüber hinaus Krawaller Pyjama nur Mannschaft aus schäbiges Mittelklasse von Liga. Quasi die VfL Bochum von J-League. Da man sich jetzt auch nicht müssen freuen Loch in Bauch, nur weil mal gewinnen aus Versehen." Mal schauen, ob der russische Lebemann in der kommenden Woche den Weg zurück auf die Trainerbank findet.

Großes Pech für Avispa-Coach Dimitry Utschkov. Am vergangenen Wochenende ist der russische Übungsleiter wohl im Badezimmer in eine Scherbe (einer Bierflasche?) getreten und hat sich eine böse Schnittwunde am linken Fuß zugezogen. Da sich die Wunde entzündet hat und eitert, ist der Mann aus Sibirien erst einmal krankgeschrieben. Nun schlägt am kommenden ZAT die große Stunde von Co-Trainer Willi von Ügli und Tschunka-Tschunka, der die Mannschaft aus Fukuoka auf die anstehenden Herauforderungen angemessen vorbereiten will. Während Onkel Dimitry neidisch eine Auszeit in den heimischen vier Wänden verbringen muss, darf sich nun der Schweizer mit seinen alternativen Trainingsmethoden beweisen: "Es wird wichtig sein, dass wir mit ausreichend mentaler Stärke und einer positiven Prädisposition in die Begegnungen gehen werden." Eine Einschätzung die Utschkov nur bedingt teilen wollte: "Bei mir Dispokredit eher immer in negatives Bereich." Es scheint noch Redebedarf zu geben, bevor die nächsten Spiele für Avispa anstehen.

Keine Atempause. Geschichte wird gemacht. Es geht voran! Diese Losung verkündet Avispas neuer Co-Trainer Willi von Ügli und Tschunka-Tschunka, während im Hintergrund die Klangschalen zum Sound eines fließenden Gewässers oszillieren. Eine friedliche Stimmung, nur eigentliche Chef de Maison wirkt etwas angespannt: "Von Geräusch von Wasser die Onkel immer müssen dringend auf die Klo", so Übungsleiter Dimitry Utschkov in kristallklarer Analogie. Scheinbar schien ihm sein Schweizer Assistent mittlerweile ein klitzekleines bisschen auf den Geist zu gehen mit seinen esoterischen Fissematenten und den von aussortierten Accenture-Azubis entwickelten Kalendersprüchen. Nicht einmal Alkohol trank der Alpenfuzzi, da dieser angeblich die Klarheit der Sinne benebeln würde. Papperlapapp, dachte sich Utschkov und schenkte sich beherzt einen Nordhäuser Doppelkorn ein. Der Kollege aus den Bergen würde schon noch auf den Pfad der Tugend zurückkehren.

Wer aktuell am Trainingsgelände von Avispa Fukuoka vorbeifährt, mag seinen Augen kaum trauen. Mannschaft und Betreuerstab kann man nun nämlich allmorgendlich beim Yoga beobachten. Eine neue Innovation von Co-Trainer Willi von Ügli und Tschunka-Tschunka, der mit dieser Maßnahme an die innere Ruhe und die mentale Stärke des Teams appelliert. Während der Mann aus der Schweiz nun also alternative Trainingsideen einbringt, fehlte vom eigentlichen Chefcoach Dimitry Utschkov jede Spur. Zum Ende der Yoga-Einheit konnte man dann aber den russischen Lebemann dabei beobachten, wie er sein Bonanzarad auf dem Firmenparkplatz von Avispa Fukuoka einparkte. Wie war denn eigentlich seine Meinung zu den neuen Trainingsroutinen seines Assistenten? "Sein die Onkel begeistert. Kann man verbringen morgens schönes Stündchen in Spielothek und muss nicht sein schon so früh auf die Gelände von Club. Das mit die Yofa sein wirklich fabelhaftes Idee. Mich nur fragen, warum darauf nicht gekommen selbst."

Irgendwie scheint man bei Avispa Fukuoka nicht so ganz von den Motivationskünsten von Coach Dimitry Utschkov überzeugt zu sein. Wie anders ist es zu erklären, dass der Club in dieser Woche mit dem weit gereisten Schweizer Psychologen, Homöopathen und Esotheriker Willi von Ügli und Tschunka-Tschunka einen neuen Assistenztrainer verpflichtet hat? Dies führt beim russischen Lebemann natürlich zu eifrigem Schnurrbartrunzeln und zu ausgesprochen schlechter Laune. Denn schließlich sich sich der Chefübungsleiter selbst als ausgesprochenen Empathen mit überragenden menschlichen Fähigkeiten: "Brauche nix Klempner für Seele von Verein! Haben mir schon gesagt bei kleines Bier fachkundiges Leute wie Klaus Kinski, Robert Mugabe oder Andi Scheuer, dass Onkel Dimitry seinintegres Typ mit überragendes Fähigkeiten bei Zwischenmenschlichkeit. Das übrigens auch bestätigen Danuta und Olga von Club Chez Monique. Aber sollen die hier machen in Club ordentlich Tschunka-Tschunka, dann können die Onkel vielleicht schon früher gehen nach Feierabend."

Endlich ist das Geheimnis gelüftet, weshalb Coach Dimitry Utschkov bei Avispa Fukuoka einen Dreijahresvertrag unterzeichnet hat. Berauscht von der vermeintlich pompösen Gehaltszahlung griff der russische Übungsleiter ruck-zuck nach dem nächstbesten Kugelschreiber und kritzelte seine unleserliche Signatur auf das von freundlichen Japanern vorgelegte Dokument. Leider hatte Onkel Dimitry nicht beachtet, dass die üppige Überweisung in Yen vorgesehen war und 1 Euro aktuell etwa 140 Yen entsprechen, Der fürstliche Lohn entpuppte sich somit im Nachhinein als mickriges Taschengeld, mit dem selbst das Tuning des hauseigenen Bonanzarades nur schwerlich zu bewerkstelligen war. Überhaupt war das Preisniveau in Japan immens hoch und unangenehm. Immerhin ersparte man der darbenden Bevölkerung aber ärgerliche Sondersteuern auf Spirituosen, so wie es die neunmalklugen Skandinavier taten. Solange das einheimische Bier beim Discounter preiswert zu haben war, konnte das Leben in Nippon trotz des kümmerlichen eigenen Salärs also gar nicht so übel sein.

Eigentlich hatte sich Avispa-Coach Dimitry Utschkov das seltsame Land Japan ausgesucht, weil man dort so prima seine Ruhe haben konnte. Wo sonst ist es möglich, seinen bebrillten Nachbarn grundlos anzupöbeln, ohne dass irgendwelche Widerworte zu erwarten waren? Ein Hort der Freundlichkeit und der Stille, in dem man allenfalls das Klirren von zwei aneinanderstoßenden Flaschen überteuertem Kirin-Bier hören konnte. Frieden. Freude. Fresse halten. Aber nun kommt Unruhe ins beschauliche Nippon, da übermotivierte Westeuropäer in das Land stürmen, um den alteingesessenen Kantonisten Ruhm und Ehre streitig zu machen. Wieso hatte man ihnen nicht von der Schönheit Südkoreas gepriesen? Jedenfalls deutet die Presselandschaft schon an, dass es in Japan mit der Atmosphäre eines Bonsaigartens in der Nacht vorbei ist. Schade eigentlich. Mal schauen also, was die Saison so an Aufregung mit sich bringen wird. Für tiefere Analysen war Onkel Dimitry vor dem Start der J-League nicht zu motivieren. Von den Neulingen hatte er zumindest eigenen Angaben zufolge noch nie etwas gehört.

Tja, da ist sie nun also schon Geschichte, die allererste Spielzeit von und mit Torrausch in Nipponesien. Zeit also, einen großen Dank an den Burgerfreund zu senden, der sich einmal mehr durch pünktlich Auswertung und einwandfreie Kommunikation als Benchmark in Sachen Ligaleitung erwiesen hat. Top! Ansonsten kann man sich in Fukuoka auf einen unspektakulären Showdown freuen. Die Herztabletten dürfen in der Schublade verbleiben, exakt drei Punkte wird man am letzten ZAT noch auf die Habenseite schaufeln können. Damit dürfte Avispa die Saison irgendwo rund um Platz 5-8 beenden, was angesichts der hinterlistigen Konkurrenz kein ganz schlechtes Resultat darstellt. Ob der Vertrag mit Onkel Dimitry allerdings verlängert wird, ist noch nicht bekannt. Die höflichen Japaner konnten sich bis dato zu keinem eindeutigen Statement durchringen.

Japan war schon ein verwunderlicher Inselstaat. Auf der einen Seite kommen noch immer neun von zehn Zeitungen mit der weltweit größten Auflage aus dem Land der aufgehenden Sonne. Anachronistisch. Andererseits sind die Japaner bekanntlich ziemlich verliebt in Technologie und bei zahlreichen Elektronikartikeln gleichzeitig Innovatoren und Weltmarktführer. Insbesondere in der Robotik hängen die Nipponesen die schläfrigen Europäer für gewöhnlich deutlich ab. Daher verwundert es nicht, dass immer wieder Roboter über das Trainingsgelände von Avispa Fukuoka huschen und dort irgendwelche Aufgaben verrichten. Coach Dimitry Utschkov hat die wuseligen Helferlein noch nicht so wirklich verstanden und ist auch nur verhalten begeistert: "Nirgendwo sein Technik so lebensgefährlich wie hier. Gestern Abend nur haben getrunken kurz eine bisschen Saft von Gerste und dann getreten auf Staubsauberroboter. Ergebnis sein Totalschaden von Roboter und von Bierflasche! Das nicht können sein Nachhaltigkeit!"

Ungläubig schaute man bei Avispa Fukuoka nach dem vergangenen ZAT auf die Tabelle. Plötzlich war man Tabellenführer! Und das war beim allerbesten Willen nicht geplant, denn niemals sollte man sich an die Spitze des Peloton setzen, um dann im Wind die komplette Arbeit für die undankbare Konkurrenz zu verrichten. Coach Dimitry Utschkov nahm die Führung allerdings ganz locker und behauptete dreist, dass er ohnehin zu sexy für "Milan, New York und Japan" wäre, wie es einst schon in einem Gassenhauer der frühen 90er adäquat beschrieben wurde. Nun besitzt der russische Übungsleiter zwar nicht die Physionomie oder die Muskelpakete von Right Said Fred, dennoch behauptet er frech, dass er vor 30 Jahren locker mit den Engländern hätte mithalten können. Auf Nachfrage bestätigte Utschkov allerdings, dass er sich hierbei rein auf den Alkoholkonsum beziehen würde. Denn Körperlichkeiten spielen bei Onkel Dimitry schon immer eine untergeordnete Rolle. Außer natürlich bei den Damen, den dort isst das Auge schließlich immer mit.

... ist der einzige Name eines Einheimischen, der Avispa-Coach Dimitry Utschkov in einem TV-Interview eingefallen ist, als er nach besonders inspirierenden Japanern gefragt worden war. Schließlich hat ein jodelnder Japaner mehr für die europäisch-asiatische Völkerfreundschaft getan als Heerschaaren von Chinaimbissen oder K-Pop-Interpreten. In Nippon sagte der Name Takeo Ischi den Menschen zunächst allerdings nicht viel. Es wurde vermutet, dass es sich um einen berühmten Sportler oder vielleicht einen Wirtschaftskapitän handeln müsse, doch die Realität sah dann doch ein wenig trister aus. Immerhin hat Onkel Dimitry auf diese Weise dafür gesorgt, "Takeo Ischi" in Japan zum Trend bei Twitter und bei der Google-Suche zu machen. Und da kann man dann wirklich nur sagen, dass später Ruhm manchmal dennoch hochverdient sein kann.

Kirschblütenfest? Kirschblütenfest. Anstatt dem Kirin Bier oder dem Sake zu huldigen, zogen es die Japaner also vor, die Kirschblüte zu feiern. Nicht dass Avispa-Coach Dimitry Utschkov etwas gegen Kirschen hatte, schließlich konnte man sie prima zu Kirschwasser oder Kirschtomaten weiterverarbeiten. Aber gleich ein ganzes Fest zu zelebrieren, nur weil einige knöcherne Bäume blühten, das schien dem russischen Lebemann doch ein wenig übertrieben. Irgendwie hatten die Nipponesen eine sehr seltsame Art, ihre Prioritäten zu setzen. Das kannte man ja schon von Pearl Harbor. Immerhin: freundlich waren die Einheimischen wirklich. Niemand der sich beschwerte, nur weil sich Onkel Dimitry in der Schlange am Postamt dreist vordrängelte oder man das Leergut in einer Kiste vor dem Hauseingang parkte. Der Japaner würde einem niemals seinen Unmut ins Gesicht sagen. Das hatte auch seine Vorteile, wenn man mit einem ausreichend dicken Fell gesegnet war.

Sehr zuvorkommend konnten sie sein, diese technikverliebten Japaner. Noch erfolgreicher Absolvierung der halbjährigen Probezeit steht Avispa-Chefcoach Dimitry Utschkov gemäß Arbeitsvertrag der Zugriff auf ein dienstliches Motorrad aus japanischer Fertigung zu. Lohnt es sich also nun für den Russen, sein legendäres Bonanzarad im Abstellkeller einzumotten? Nun, das kann man noch nicht so genau sagen, denn zuvor muss Onkel Dimitry noch für die Beantragung die drei dafür notwendigen Formulare ausfüllen und von den jeweiligen Entscheidungsträgern kompetenzgerecht (mit Hanko) unterzeichnen lassen. Blöd nur, dass die Vordrucke nur in japanischer Sprache vorliegen und den Neojapaner ziemlich ratlos zurücklassen. Wahrscheinlich machte es Sinn, das Thema Winterbereifung des Bonanzarades nicht nach ganz unten in der Ablage zu verschieben.

"LAUFEN, BEISSEN, GRAS FRESSEN!", schallte es brüllend über den Trainingsplatz von Avispa Fukuoka. Scheinbar hatte Coach Dimitry Utschkov noch immer nicht begriffen, dass man sich in Japan in jeder Situation ruhig artikulierte und nicht aus der Rolle fiel. Insofern erlebten die wenigen Kiebitze auf dem Gelände erneut eine Gelegenheit zum Fremdschämen. Kein Wunder, dass nur wenige Ausländer der Sprung nach Japan gelang, zumal wenn man die interkulturelle Kompetenz eines Spülschwamms besass. Immerhin gab es auch positive Nachrichten von Onkel Dimitry, der zur Verzweiflung der Einheimischen weiterhin Anweisungen über den Platz krakeelte. Endlich hatte er seinen Hanko erhalten, den legendären Stempel, den die Japaner in jeder Lebenslage verwendeten und der noch unverzichtbarer war als der Personalausweis oder die Ehefrau. Doch die Relevanz des Kultgegenstands war noch nicht bis zum Russen vorgedrungen: "Habe blödes Ding erst einmal geworfen in Handschuhfach von Bonanzarad."

Schweißtreibend war das Leben für den Neojapaner Dimitry Utschkov im subtropischen Fukuoka. An die handtellergroßen Käfer und Spinnen hatte sich der Russe mittlerweile gewöhnt, aber das Klima machte ihm doch weiterhin gehörig zu schaffen. Man konnte gar nicht so schnell Flüssigkeit nachlegen, wie sie dann wieder durch den Trainingsanzug aus Ballonseide ausdünstete. Dabei stank man natürlich wie ein Iltis, wobei Onkel Dimitry den Geruch notdürftig mit einem Odeur nach Mariacron überdeckte. In der Liga erwies sich das Team von Avispa dagegen bis dato als wohlerzogener und angenehmer Gast, aber auch die anreisenden Mannschaften ließen freundlich die Punkte zurück. Vielleicht entsprach es ja in Japan dem guten Ton, dem Gegner auswärts keine Tore einzuschenken, da er ansonsten das Gesicht verlieren könnte? Das schien eine plausible Erklärung zu sein. Und am Ende wird dann bestimmt um die Meisterschaft gewürfelt. Da kann sich über so viel Höflichkeit wirklich niemand beschweren.

Ganz schön fies konnte das Wetter im Süden Japans sein. Wer hätte gedacht, dass subtropische Regenschauer fahrlässige Bonanzaradfahrer bis auf die Unterhose durchnässten? Avispa-Coach Dimitry Utschkov jedenfalls nicht und so durfte er nach Erreichen des Trainingsgeländes erst einmal das Wasser aus dem Schlüpfer wringen. Sehr zum Erstaunen der Einheimischen, die dem Russen bei seinen Bemühungen zur Trockenlegung begutachten konnten. Da war er also wieder, dieser Kulturschock, bei dem man nur noch nicht wusste, auf welcher Seite er größer ausfallen würde. Onkel Dimitry hatte sich anscheinend noch nicht so wirklich akklimatisiert in Japan, wo auch kulinarisch die ein oder andere Überwindung auf den russischen Bonvivant wartete: "Gestern gegeben Qualle in Kantine von Verein. Hatte gedacht, dass gewesen Topf mit Implantate von neureiche Weiber aus Sankt Petersburg, aber hier angeblich Spezialität aus Meer. Gut, dass für Notfall immer haben Paket Butterkekse in Spind."

Was haben New York, Rio und Tokio gemeinsam? Nun, alle drei Städte sind von Avispa-Coach Dimitry Utschkov noch nie besucht worden. Im letzten Viertel der Saison wird für den russischen Coach wohl zumindest die Möglichkeit bestehen, die japanische Hauptstadt zu besuchen, auch wenn er aus naheliegenden Gründen die brasilianische Metropole vorgezogen hätte. Denn irgendwie fühlte sich vieles in Nippon sehr fremd und eigentümlich an. Die Höflichkeit und den freundlichen Umgangston sowie wie die demütige Bescheidenheit war man in Nowosibirsk gar nicht gewohnt. Irgendwie war das ein komisches Volk, bei dem man in erster Linie darauf achten musste, nicht durch eine falsch verstandene Geste eine komplette U-Bahn zum Geschlechtsverkehr aufgefordert zu haben. Womit wir dann wieder in Rio wären.

Seit etwas mehr als einer Woche befindet sich Avispa-Coach Dimitry Utschkov nun also schon in Japan. Es ist also an der Zeit, sich mit der Polaroidkamera zu bewaffnen und die neue Heimat zu erkunden. Etwas ungewöhnlich fühlte es sich schon an im subtropischen Fukuoka, wo das Klima doch ganz anders war als in Sibirien oder im häßlichen Mittelengland. Und die Vegetation erst! Unbekannte Pflanzen und ungewohnt große Insekten und dicke Spinnen kreuchten und fleuchten überall durch die Gebüsche und auch durch das heimische Ein-Zimmer-Appartment. Wie gut nur, dass sich die Tierchen vom robusten Russen mithife eines Gaskochers in Windeseile zu proteinreichen Happen verwandeln ließen. Viele spannende Fotomotive also, die es im Geiste von Carl von Linné zu katalogisieren galt. Doof nur, dass man am Montag mit der gurkigen Mannschaft wieder über fremde Fußballplätze hecheln musste.

"Winter's cityside... Crystal bits of snowflakes all around my head and in the wind... I had noooo illusions..." ... "Was sein das? Das bestimmt mal werden großes Hit, da sich sein die Onkel sicher. Haben totsicheres Riecher für Gassenhauer, aber jetzt müssen schnell zu Gate 38." Denn am Flugsteig wartete schon die Maschine von Japan Airlines, um Coach Dimitry Utschkov in unbekannte Galaxien und unendliche Weiten zu befödern. Werden dies die Abenteuer des Raumschiff Utschkovprice, oder hat man sich bei Avispa Fukuoka mit Rudis Resterampe zufriedengeben müssen? Denn schließlich hatte das Team aus dem Süden Japans als letzte Mannschaft noch keinen Trainer vorzuweisen. Am Ende soll es sich dann zwischen Udo Lattek, Rolf Schafstall, Markus Anfang und Onkel Dimitry entschieden haben. Mit den beiden Erstgenannten hätte man sich in Fukuoka zumindest einen ruhigeren Saisonverlauf erkauft.